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Yaniruma sollte das Ende meiner spannende Reise im Dschungel West Papuas sein. Nach dem Besuch des letzten Korowai-Dorfes wanderten wir knapp 2 Stunden bis zum Fluss Dairam. Die meisten meiner Wegbegleiter freuten sich auf das Ende des Wanderns durch Matsch und über Stock und Stein, doch ich verspürte Wehmut. Ich wusste, schon bald würde ich dem immergrünen Blätterdach Auf Wiedersehen sagen, wie auch unseren lieben Helfern, die uns eine Woche lang immer mit ihrer helfenden Hand zur Seite gestanden haben. Egal, ob es um das Essen ging oder um das Balancieren über rutschige Baumstämme – sie waren immer da und halfen uns.
Abschied nehmen
Nach ca. 2 Stunden Wanderung kamen wir am Dairam an. Sowohl ich als auch alle anderen der Reisegruppe verabschiedeten sich von Paulus und all den anderen Helfern, die uns seit der Ankunft in Mabul begleitet haben. Für mich war es ein sehr emotionaler Moment und ich musste das ein oder andere Tränchen von meiner Wange wischen. Mir waren die Menschen ans Herz gewachsen und zu wissen, dass ich sie nie wiedersehen würde, war irgendwie komisch.
Währenddessen bekamen sie von unserem Guide ihr Gehalt für die Woche, die sie mit uns im Dschungel verbracht hatten. Anschließend gaben wir allen die Hand und verteilten selbstverständlich das ein oder andere Trinkgeld. Auch Kleidungsstücke oder andere nützliche Dinge wurden als Dankeschön zurückgelassen. Und dann verschwanden sie auch schon wieder im dichten Regenwald, denn für sie ging es am selben Tag noch zurück nach Mabul zu ihren Familien.
Yaniruma – ein kleines Dorf am Ende der Welt
Am Ufer des Dairam warteten bereits zwei kleine Holzboote auf unseren Guide, einige wenige Helfer und uns. Es waren zwei keine Einbäume, aber trotzdem war schon das Einsteigen eine ziemlich wackelige Angelegenheit. In Reih und Glied hintereinander sitzend fuhren wir in mehreren Gruppen über den doch recht großen Fluss. Eine spannende und wackelige Überfahrt.
Nachdem wir den ersten großen Teil des Flusses geschafft hatten, bogen wir in einen kleinen Seitenarm ab. Dort verwandelte sich die Landschaft in ein schönes mangrovenähnliches Gebiet. Am Rande standen hier und da ein paar Holzhütten, vor denen Kinder spielten und uns fröhlich zuwinkten.
Während der Überfahrt konnte ich die gesammelten Eindrücke des Dschungels noch einmal kurz Revue passieren lassen. Auch dies wieder sehr emotionale Momente für mich. Ich war gerade eine Woche am Ende der Welt bei einem der letzten Urvölker dieser Welt zu Besuch gewesen….KRASSSS, wie geil ist das denn bitte?!!! 🙂
Nach ca. 15-20 Minuten erreichten wir den Bootsanleger von Yaniruma. Wir stiegen aus, setzten uns auf unser Gepäck und warteten auf die nächsten Boote. Neugierig wurden wir von einigen Jugendlichen beobachtet. Klar, ich wäre auch neugierig, wenn da so ein paar verrückte Weiße aus dem Dschungel kämen, total dreckig und k.o. Vermutlich würden auch sie sich diese Woche nicht antun. Ich kenne dieses Gefühl, dass Menschen nicht verstehen, wie diese Art zu reisen Urlaub für mich sein kann. Aber weißt du was? Es ist der schönste Urlaub, den ich mir vorstellen kann. Du bist weit weg von allem und kannst einfach nur die Ursprünglichkeit und Schönheit der Natur genießen.
Als alle wieder beisammen waren, nahmen wir unser Gepäck und liefen einmal quer durch das Dorf bis ans andere Ende. Dort hatte ein entfernter Verwandter oder Bekannter unseres Kochs seine Holzhütte für uns freigemacht. Auch hier wieder Gastfreundschaft, wo man hinschaute. Da kommt eine Gruppe Reisender aus dem Urwald und jemand völlig Fremdes stellt einfach so sein zu Hause für unser Zeltlager zur Verfügung. Einfach toll!
Nachdem wir unsere Zelte aufgeschlagen hatten, entspannten wir den Rest des Tages. Wir saßen in der Hütte in Yaniruma und tranken Kaffee, gingen uns im Fluss waschen und liefen wieder zurück zur Hütte. Der Dschungel Papuas hatte seinen Tribut gezollt. Wir alle waren fertig, aber unendlich glücklich. Den Regenwald hatten wir nun hinter uns gelassen. Vor uns lag eine spannende Woche bei den Dani im Baliem Valley.
Die erste Cola nach einer Woche im Dschungel
In Yaniruma gab es wider aller Erwartungen so etwas wie ein kleines Kiosk. Wir alle freuten uns natürlich riesig, hatten wir doch eine Woche lang abgekochtes Flusswasser aus unseren Flaschen und Tee aus Plastikbechern getrunken. Es gab Cola, Fanta, Sprite, wenn auch nicht gekühlt. Mir war das aber ehrlich gesagt völlig egal. Du kannst dir nicht vorstellen, wie lecker ein süßes Getränk nach einer Woche im Dschungel sein kann.
Das Wetter war schön und es war sehr heiß. So konnten wir das erste Mal ein wenig die Sonne Papuas genießen und unsere Kleidung und durchnässten Rucksäcke trocknen. Perfekt!
Nachricht von der Fußball-Weltmeisterschaft
Ja, ganz genau. Während wir im Dschungel Papuas waren, hat das Finalspiel der WM 2018 stattgefunden. Natürlich gab es auch unter uns Dschungelliebhabern einige Fußballverrückte, die nun endlich wissen wollten, wie es ausgegangen war. Marc schnappte sich sein Satellitentelefon um den Piloten in Wamena anzurufen, der uns am nächsten Morgen abholen sollte.
Die erste Chance etwas vom Weltgeschehen mitzubekommen. Also fragte Marc nach dem Endergebnis, sodass nun auch die Fußballbegeisterten unter uns wieder up-to-date waren.
Unglücklicherweise teilte der Pilot uns mit, dass die Piste in Yaniruma eigentlich nicht angeflogen werden darf, da es die Tage zuvor zu stark geregnet hatte und der grasige Boden der Piste somit zu weich und matschig war. Doch er sagte, dass er es in jedem Fall versuchen würde. Jaja, auf solch einer Abenteuerreise ist eben nichts planbar.
Die letzte Nacht in Yaniruma
Obwohl der Tag ziemlich entspannt war, war die Nacht dann doch sehr aufregend. Mittlerweile war ich eigentlich an das Schlafen im Zelt gewöhnt und dank Oropax hatte ich auch die ganze Woche über keine Probleme beim Einschlafen. Doch diese letzte Nacht am Rande des Regenwalds war stressig.
Nach dem Abendessen legte ich mich schlafen und machte die Augen zu. Leider entschied sich ein offensichtlich extrem großer Frosch dazu, sein Balzquartier unter unserer Holzhütte einzurichten. Er quakte und quakte und quakte, und zwar extrem laut. Trotz Oropax dauerte es ewig bis ich zumindest so halb in den Schlaf fiel.
Doch damit nicht genug. Als ich gerade dachte, ich könnte einschlafen, krachte es direkt neben meinem Zelt, etwas fiel auf das Zeltdach, und ich erschreckte mich zu Tode. Es war stockdunkel und ich konnte nichts sehen. Also suchte ich zunächst hektisch nach meiner Headlight. Als ich sie dann endlich in der Hand hatte und das Licht angemacht hatte, konnte ich immernoch nicht viel sehen. Also leuchtete ich durch den Zelteingang nach draußen in die Hütte. Da sah ich Teron, unseren Koch, der uns weiterhin begleitete.
Teron schien ebenfalls erschrocken, doch ich konnte immernoch nicht ausmachen, wo der Krach hergekommen war. Plötzlich sah ich den kleinen puscheligen Übeltäter. Auf dem Boden lag ein Tier, das eine Konservendose auf dem Kopf stecken hatte und nicht mehr heraus kam. Erst bei näherem Hinsehen konnte ich erkennen, dass es eine Katze war. Teron versuchte, das arme Tier von der Dose zu befreien, doch das war garnicht so leicht. Wie verrückt sprang sie umher. Anscheinend wollte sich die kleine Katze an den Überresten unseres Abendessens bedienen und ist dabei mit ihrem Köpfchen in der Dose stecken geblieben.
Nach einigen hektischen Minuten gelang es Teron dann zum Glück diese Dose zu entfernen. Die Katze rannte wie verrückt aus der Holzhütte. So, jetzt aber endlich schlafen.
Ein traumhafter Flug über das immergrüne Dschungeldach
Am nächsten Tag sind wie sehr früh aufgestanden, ca. gegen 6:00 Uhr. Um 7:00 Uhr gab es bereits Frühstück, denn am Tag zuvor hatte der Pilot mitgeteilt, dass er zwischen 8:00 und 9:00 Uhr kommen würde. Die matschige Landebahn war direkt neben unserer Hütte. Der Weg war also nicht weit. Und trotzdem war dies ein Flug, den man sicherlich nicht verpassen sollte.
Bevor wir unsere Holzhütte verließen, verabschiedeten wir uns noch von Paulus und Teron. Paulus hat uns als Guide eine Woche durch den Dschungl begleitet. Teron versorgte uns als Koch mit dem besten Essen, was man sich im Dschungel wünschen kann. Auch hier ließen wir wieder Gummistiefel und andere nützliche Dinge zurück, die sie im Alltag gut gebrauchen konnten.
Um 8:00 Uhr saßen wir alle startklar in dem kleinen Wartehäuschen neben der Landebahn, nicht viel mehr als ein kleiner Verschlag. Jetzt hieß es Warten, auf die kleine Pilatus Porter Maschine, die uns nach Wamena in die Berge fliegen sollte. Wir warteten und warteten. Jeder vertrieb sich die Zeit mit anderen Beschäftigungen. Die einen gingen zum Kiosk und holten sich noch eine Cola. Ein anderer las ein Buch und wieder ein anderer schlief an seinen Rucksack gelehnt auf dem Boden.
Ich für meinen teil nahm mir mein Reisetagebuch um die Erinnerungen dieser einmaligen Reise niederzuschreiben. Jetzt gerade gehe ich genau diese durch um diesen Beitrag für dich zu schreiben. Ich kann dir nur empfehlen auch mal ein Reisetagebuch zu schreiben. Wenn du es Monate später wieder hervorholst und die Zeilen liest, dann ist es wie ein Flashback zurück in den jeweiligen Moment.
Als um 11:00 Uhr – ja, du hast richtig gehört, 11:00 Uhr – immernoch kein Flugzeug in Sicht war, rief Marc den Piloten erneut an. Man erklärte ihm, dass das Wetter in den Bergen bei Wamena zu schlecht sei und der Pilot bisher nicht starten konnte. Er würde aber gegen 12:00 Uhr aufbrechen und dann gegen 12:45 Uhr in Yaniruma ankommen. Und so war es dann auch. Um kurz vor 13:00 Uhr hörten wir Flugzeugpropeller am Himmel. Das ganze Dorf kam angerannt. Flugzeuge kommen eigentlich nur sehr selten in die Region. So hatten wir also viele Zuschauer.
Als die Maschine mit ihren tosenden Propellern vor uns zum Stehen kam und der Pilot ausstieg, wartete die nächste interessante Botschaft auf uns. Er teilte uns mit, dass die Landebahn zu matschig sei um alle gleichzeitig auszufliegen. Wir mussten uns also in zwei Gruppen aufteilen. In der Nähe gab es eine neue asphaltierte Landebahn nahe einer Goldmine, wo das Flugzeug mit der gesamten Mannschaft starten könne. Also flog der Pilot zunächst die Leichteren von uns mit schwerem Gepäck aus, und dann die Größeren mit leichtem Gepäck. Schon irgendwie verrückt. Er parkte die erste Gruppe einfach auf dem verlassenen Rollfeld ca. 10 Flugminuten entfernt und kam anschließend zurück.
Auch ich war in der zweiten Gruppe. Wir stiegen ein uns schnallten uns an. Los ging die wilde Fahrt. Zunächst rollte die Maschine langsam ans Ende der Piste. Dann heulten die Propeller auf und der Pilot gab Gas. Der Matsch spritze an die Fenster bis wir endlich in der Luft waren. Was folgte, war einer der schönsten Flüge, die ich jemals erleben durfte. Da die Flugzeit zur asphaltierten Piste nur 10 Minuten dauerte, stieg das Flugzeug nicht hoch, sodass wir einen atemberaubenden Blick über das endlos grüne Regenwald-Dach hatten. Mir kamen fast die Tränen, so schön war dieser Anblick. Weit und breit nur grüne Natur. Einfach traumhaft schön. Ein Anblick, den man so schnell nicht vergessen wird. Von oben konnte ich sogar nochmal eine Baumhaus-Siedlung sehen.
Als wir den ersten Teil unserer Gruppe dann eingesammelt hatten, ging es wieder auf die Startbahn und wir traten unseren finalen Flug in die Berge bei Wamena an.
Du möchtest wissen, wie diese tolle Reise weitergegangen ist? Dann lies dir gerne meinen Artikel zum Besuch des Dani-Volkes durch.